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Der Libero – warum er kein Teil des modernen Fußballs mehr ist

Lange Zeit füllten die bekanntesten Namen im Weltfußball die Position Libero aus. Von Franz Beckenbauer über Lothar Matthäus bis hin zu Matthias Sammer spielten Weltklassespieler auf dieser Position. Mittlerweile ist der klassische Libero im Fußball auf Profiniveau ausgestorben. Warum das so ist und wie er auch heute noch nutzbar ist, klären wir hier.

Das Ende des Liberos und die Geburt der Viererkette

Als Abwehrchef war der klassische Libero lange Zeit mit der Nummer 5 auf dem Platz zu finden. Es handelte sich um die Weiterentwicklung des Mittelläufers, der im 2-5-3 System seine Anwendung fand. Statt reiner Defensivaufgaben war es schließlich erstmals auch die Verpflichtung des jeweiligen Akteurs, am Spielaufbau teilzunehmen. Die Ähnlichkeit mit einem zentralen defensiven Mittelfeldspieler kommt nicht von ungefähr. Bei eigenen Angriffen soll er mit in die Offensive gehen und möglichst eine Überzahl im Mittelfeld erzeugen. Die Einführung der Viererkette in den meisten Profimannschaften rund um die Welt beendete effektiv die Ära des Liberos im modernen Fußball. Statt einem weiteren zentralen Abwehrspieler agierten nunmehr zwei Außenverteidiger inklusive ihrem offensiveren Part.

Die Problematik

Problematisch wird das Spiel mit Libero dadurch, dass der Rest des Teams Manndeckung spielt, der Libero jedoch nicht. Dadurch bleibt ein Spieler des Gegners übrig, der nicht ständig gedeckt werden kann. Effektiv kann genau dieser Akteur auf dem Platz nach Belieben eine Überzahl herstellen. Früher war diese Problematik nicht besonders schwerwiegend, da der freie Spieler gewöhnlich der gegnerische Libero war, der meist zurückhaltend und eher defensiv fokussiert agierte. Gegen ein System mit Viererkette jedoch können die Probleme massiv ansteigen. Schlechte Erfahrungen mit diesen Folgen des Liberospiels machte unter anderem Trainerlegende Marcelo Bielsa, dessen Mannschaften mit der Zeit Probleme durch gute Konzepte des Gegners bekamen, welche mit ihren Abwehrspielern aufrückten und passende Spieler freiblockten.

Für die Trainer und deren Mannschaften stellt sich somit heutzutage vor allem die Frage, ob eine Viererkette praktikabel hinsichtlich des vorhandenen Spielermaterials erscheint. Durch die exzellente technische und taktische Ausbildung der heutigen Spieler lässt sich diese Frage in den Profiligen meist schnell positiv beantworten. Die Vorteile der Viererkette gegenüber dem Spiel mit Libero sind schnell gefunden. Zum einen ist die Staffelung der eigenen Defensive im letzten Drittel deutlich effektiver durchzuführen. Durch die Lösung eines Spielers aus dem Zentrum bietet sich im Aufbauspiel eine Überzahlmöglichkeit auf dem Flügel. Schließlich ist die Form der Spielweise zu wählen, wenn Wert auf Kombinationsspiel mit niveauvoller Ballzirkulation gelegt wird.

Warum Elemente des Liberospiels nun zurückkehren

Überraschenderweise war es vor allem Pep Guardiola, der im eigenen Ballbesitz Elemente des Liberos beim FC Bayern wieder salonfähig machte. Die Rolle von Bastian Schweinsteiger als zentral defensiver Mittelfeldspieler war beispielhaft für diese Entwicklung. Immer wieder ließ sich der ehemalige deutsche Nationalspieler tief zwischen die beiden Innenverteidiger fallen, um aktiver am Spielaufbau teilzunehmen. In der Trainersprache wird dabei mittlerweile gerne vom abkippenden Sechser gesprochen, doch effektiv unterscheiden sich die Rollendetails nicht groß vom Libero. Die Begründung für den Einsatz Schweinsteigers in zurückgezogener Rolle war nachvollziehbar. In der Bundesliga agieren viele Mannschaften mit zwei Spielern im Pressing gegen die Innenverteidiger im Spielaufbau. Um so den Rückpass und einen unkontrollierten Schlag des Torhüters zu verhindern, ging mit Schweinsteiger ein zusätzlicher freier Mann als bevorzugte Anspielstation zurück. Heute führt Guardiola wenn nötig mit Manchester City die gleichen taktischen Kniffe aus. Die Folgen sind bei Betway zu bewundern und führen dort dazu, dass City als Titelkandidat gar nicht mehr angeboten wird. In den Quoten auf die Meisterschaft ohne City, sprich voraussichtlich Platz zwei, liegt Lokalrivale United mit 1,44 in Front (Stand 4. April).

Der Libero im Amateurfußball

Wie erwähnt findet der Libero vor allem im Amateurbereich in der täglichen Arbeit noch Anwendung. Dies hat verschiedene Gründe, ist aber vor allem mit der fehlenden Stabilität und individuellen Klasse der jeweiligen Defensivreihen zu begründen. Ohne die zusätzliche Absicherung reicht meist eine einzige fehlerhafte Positionierung eines Innenverteidigers aus, um einen Schnittstellenpass in den Rücken der Abwehr zu produzieren. Ein weiterer Vorteil der Nutzung eines Liberos ist die geringe Anzahl der Nachteile, die sich auf niedrigem Niveau strategisch ergeben. Stattdessen ist die Manndeckung ein gutes Mittel, um Druck auf die gegnerische Mannschaft auszuwirken. Jegliche daraus folgenden langen Bälle verteidigt der Libero hinten konsequent. Meist lässt das vorhandene Spielermaterial im Amateurfußball nicht allzu viel Top-Qualität auf dem Platz. Die Akteure mit der höchsten Spielintelligenz sind somit wie geschaffen für eine Liberorolle, die nach dem Ballgewinn den eigenen Aufbau gestalten können.